Steve Reich: Music for 18 Musicians

Erster Termin
23. Juni 2019
Holst-Sinfonietta & Black Forest Percussion Group

Nicht erst seit Steve Reichs 80. Geburtstag im Jahr 2016 ist seine Musik in aller Munde bzw. in aller Ohren. Um ihn, dem Ahnvater der sogenannten Minimal Music und seinen Werken kommt keiner mehr vorbei. Die Aufführungen seiner Kompositionen haben immer noch etwas vom Zeitgeist der 1970 bzw. 1980er-Jahre. Da treffen sich Zuhörer*innen, die ansonsten selten Konzerte klassischer Musik besuchen und lassen sich auf diese Musik bedingungslos ein. Das ist eine wundersame und schöne Besonderheit im Konzertbetrieb.

Steve Reich war bis Mitte der 1970er-Jahre ein einigermaßen erfolgreicher Komponist. Mit Drumming setzte er erstmals große Maßstäbe. Der internationale Durchbruch aber folgte 1976 mit der Uraufführung seiner Music for 18 Musicians, von seinen Anhängern auch liebevoll 18! abgekürzt. Als das Label ECM 18! 1978 auf LP heraus brachte, brach die Aufnahme in kürzester Zeit alle Verkaufsrekorde und auf einen Schlag war Steve Reich weltweit ein Begriff.

18! live zu hören ist immer aber ein noch größeres Erlebnis. Das Stück ist sehr ungewöhnlich und aufwändig besetzt: Man braucht vier Klaviere, vier Frauenstimmen, eine Wagenladung an Marimbas, Xylophonen und ein Vibraphon, die dann von bis zu sieben Schlagzeugern bedient werden. Hinzu kommen noch Klarinetten und Streicher. Zudem wird alles elektronisch verstärkt. Aber: Der Lohn ist groß!

Nachdem die Black Forest Percussion Group im Frühsommer 2016 sehr erfolgreich Steve Reichs Drumming aufgeführt hat und die Holst-Sinfonietta sich in den vergangenen Jahren schon mehrfach Steve Reichs Musik widmete, so z.B. durch Aufführungen von Sextet, Eight Lines oder City Life, ist es nur konsequent, dass diese beiden Ensembles ihre Kräfte zusammen bündeln und nun 18!, Reichs "chef d´œuvre" gemeinsam in den Konzertsaal bringen.

Parallel zu den Konzerten ist die Ausstellung Morphogen der Basler Künstlerin Susanne Hartmann zu sehen. Die Ausstellung thematisiert verschiede Aspekte der Partitur des Stücks und macht Steve Reichs Werk auf mehreren Ebenen erfahrbar.

Das Projekt wird unterstützt vom Kulturamt der Stadt Freiburg, dem Regierungspräsidium, dem Carl-Schurz-Haus, der LBBW-Stiftung und dem Pianohaus Lepthien.

 
Programmsteve reich (*1936)
Music for 18 Musicians (1974 - 76)

Musikalische Leitungklaus simon 
Lee forrest ferguson 

Black ForestFRANCESCA SANTANGELO MARIMBA 1
Percussion GroupLEE FORREST FERGUSON MARIMBA 2
SEORIM LEE MARIMBA 3
MIGUEL ANGEL GARCIA MARTIN MARIMBA 4 / maracas
dino georgeton Xylophon 1
christian rombach xylophon 2
Håkan mørch stene Vibraphon
Holst-SinfoniettaLORENZO SALVÁ PERALTA KLARINETTEn
Mariella Bachmann Klarinetten
Cornelius Bauer Violine
Philipp Schiemenz Violoncello
KLAUS SIMON klavier / maracas
hana akiyama KLAvier 1
VICTORIA GUERRERO KLAVIER 2
ELMAR SCHRAMMEL KLAVIER 3
geum hwa kang KLAVIEr 4
vera hiltbrunner sopran 1
CATRIONA BÜHLER SOPRAN 2
svea schildknecht sopran 3
barbara ostertag mezzosopran
Klangregieroland breitenfeld 

Kritiken

Badische Zeitung

25. Juni 2019

Zeit? Gibt es nicht in dem Stück. Jedenfalls scheint man sie zu vergessen. Freilich, das ist eine Täuschung, eine trügerische Wahrnehmung. Aber Steve Reichs "Music for 18 Musicians", uraufgeführt 1976, geht genauso minimalistisch, wie sie kommt. Wobei die Abfolge von rhythmisch gleichen Tönen, über die sich im Verlauf der rund 60 Minuten Spieldauer Interferenzen schieben, in den letzten Takten einzig der Violine anvertraut ist – ein richtig fieses Ende für den Interpreten. Doch Cornelius Bauer bringt die Sache wacker zu Ende. Der Vergleich mit dem Uhrwerk verbietet sich – die Zeit ist ja abwesend...


Es ist eine rundum bewundernswerte Produktion, die die Freiburger Holst-Sinfonietta (Leitung: Klaus Simon), die Black Forest Percussion Group (Leitung: Lee Ferguson) und die vier Sängerinnen Vera Hiltbrunner, Catriona Bühler, Svea Schildknecht und Barbara Ostertag an zwei Abenden hintereinander im Freiburger E-Werk meistern: ein zentrales Werk des New Yorker Minimalismus, in grosser Präzision interpretiert. Dass das nämlich alles viel schwerer ist im Zusammenklang, als man ob der scheinbaren Einfachheit der kurzen musikalischen Formeln – Patterns – vermuten kцnnte, leuchtet schnell ein. Denn abgesehen davon, dass die permanente, regelmässige Motorik, gerade bei Marimba- und Xylophonen so etwas wie "Kondition" abverlangt: Reichs Opus ist auch in seiner um elf Akkorde kreisenden Harmonik nicht unkomplex – auch hier ist ein Mechanismus gefragt, bei dem Räder in unterschiedlichster Grösse ineinandergreifen. Und dann sind da die dynamischen Prozesse eines An- und Abschwellens, das zum Beispiel die vier Sängerinnen wie mit einer Stimme praktizieren, und das von Klangregisseur Roland Breitenfeld im Zusammenwirken mit den anderen Stimmen präzise austariert wird.

Übrigens: Dass in den einzelnen Abschnitten des Stücks auch die Instrumentalfarben wechseln, man nimmt es eher unterbewusst wahr. "Wenn Sie tonale Musik schreiben wollen, wieso schreiben Sie dann keine tonale Musik?", soll Gastprofessor Luciano Berio den stilistisch verunsicherten Studenten Steve Reich an der New Yorker Juillard School einst gefragt haben. "Music for 18 Musicians" ist ein grossartiges Beispiel dafür, wie zweitrangig Dogmen sein können. Ebenso wie die Zeit.
Alexander Dick

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