Jubilee Games: Adams, MacMillan & Norman
9 November 2016
Genau 20 Jahre ist es nun her, dass sich im Herbst 1996 junge Musikstudenten der Freiburger Hochschule zusammentaten, um in der Holst-Sinfonietta Musik abseits des Mainstreams zu spielen. Um dieses Jubiläum gebührend zu feiern, hat das Ensemble jetzt ein ganz besonderes Programm zusammengestellt, das Rück- und Ausblicke in sich vereint. Die darin enthaltenen Werke aus Schottland und den USA, von denen zwei als Deutsche Erstaufführungen erklingen, beweisen einmal mehr, wie unglaublich vielfältig die Musik unserer Zeit sein kann.
Der gebürtige Schotte James MacMillan schrieb 1990 sein Ensemblewerk ...as others see us... als eine geistige Fortsetzung von Mussorgskys Bilder einer Ausstellung. Grundlage dafür sind sechs Bilder englischer Größen in der National Portrait Gallery in London. Die Klanggemälde porträtieren König Henry VIII, John Wilmot, John Churchill, Lord Byron und John Wordsworth (in einem Doppelporträt), T.S. Eliot und Dorothy Hodgkin. Es ist faszinierend, wie raffiniert MacMillan das Ensemble für die musikalischen Porträts einsetzt, denn jeder Satz hat seine ganz eigene Atmosphäre. Stilistisch erweist er dabei sowohl Alter Musik als auch dem Jazz Referenz. Obwohl MacMillan in Großbritannien als einer der erfolgreichsten Komponisten gilt, ist seine Musik in Deutschland noch sehr selten im Konzertsaal anzutreffen.
Der junge US-Amerikaner Andrew Norman ist so etwas wie der Jörg Widmann seines Landes. Die Presse lobt ihn in höchsten Tönen und die Orchester reißen sich um neue Werke des erst 1979 geborenen Komponisten. Sein Ensemblewerk Try von 2011 ist ein Stück, das einen vor Energie schier überwältigt. Auf kürzestem Raum und mit einer überschäumenden Wucht exponiert Norman in den Orchestergruppen disparates Material, das sich so gar nicht zähmen lassen will. Der Kampf erlahmt erst kurz vor Schluss, bei dem sich die Musik allmählich beruhigt und der Pianist einsam-gelassen Arpeggien spielt. Die instrumentatorische Meisterschaft von Norman ist in diesem Werk wirklich verblüffend. Sein Klangsinn ist grenzenlos und es bereitet große Freude, diesem Versuch beizuwohnen. Die Uraufführung in Los Angeles dirigierte übrigens John Adams...
Mit Adams’ Shaker Loops schloss 1996 das allererste Konzert der Holst-Sinfonietta. Seitdem standen seine Werke immer wieder auf dem Programm, so auch die Chamber Symphony. Als der wohl wichtigste zeitgenössische amerikanische Orchester- und Opernkomponist 2007 diesem Werk ein Kind folgen ließ, war es wahrscheinlich, dass das Stück ähnlich virtuos und anspruchsvoll sein würde. Und tatsächlich hat sich Son of Chamber Symphony als ein Paradestück jedes ambitionierten Ensembles etabliert und ist somit genau das Richtige für dieses Festkonzert. Die drei Sätze schnell-langsam-schnell bieten dabei all das, was Adams-Fans weltweit lieben: Drive, Puls, meisterhaftes Formbewusstsein und vor allem viel Spaß am Rhythmus. Wer übrigens im ersten Satz das Paukenoktavmotiv aus dem Scherzo von Beethovens Neunter erkennen kann, ist nicht ganz auf der falschen Fährte.
Eine Konzertproduktion der Holst-Sinfonietta in Kooperation mit dem SWR Studio Freiburg, dem Carl-Schurz-Haus und dem E-Werk Freiburg. Gefördert von: Kulturamt der Stadt Freiburg und Land Baden-Württemberg.